FAQ / Fragen und Antworten

 

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Wie viel Bewegung braucht der wachsende Hund?


Ein Hundewelpe verbringt die ersten 10-14 Tage hauptsächlich mit Schlafen und Trinken. Erst ab der 4. Lebenswoche beginnt der Welpe die Umwelt zu erkunden und seinen Bewegungsradius kontinuierlich auszuweiten. Für die normale Entwicklung des Gehirns sind nebst
den Eindrücken aus der Umwelt, den Interaktionen mit Mutter, Geschwistern und Menschenauch die Reize durch Bewegung unerlässlich. Je mehr Impulse der Bewegungsapparat im Gehirn auslöst, umso besser wird sich dieses entwickeln.

Mit zunehmendem Alter werden die Bewegungen koordinierter und vielfältiger. Der Welpe bewegt sich bis er müde ist, um dann bis zur nächsten Wach- und Bewegungsphase zu schlafen, ohne vom Züchter oder der Hundemutter eingeschränkt zu werden. Bereits mit acht
Wochen sind die Welpen einer mittelgrossen Rasse rund 6-7 Stunden pro Tag aktiv. Die über den ganzen Tag verteilten Spielphasen dauern im Durchschnitt 30-40 Minuten, zweimal täglich aber auch eine Stunde oder mehr. Dazwischen wird jeweils 1-2 Stunden geschlafen. Die
Nachtruhe beträgt rund acht Stunden.
Die Welpen bestimmen dabei selbst, wie viel sie sich bewegen und wann sie müde sind.

Dichte Knochen und starke Muskeln sind gefragt

Damit das Skelett das Gewicht des wachsenden Körpers tragen kann, muss es nach der Geburt mineralisiert werden, was durch Belastung der Knochen angeregt wird. Die Gelenkflächen, die bei der Geburt nur mit einer dünnen Knorpelschicht überzogen und somit empfindlich
sind, müssen belastet werden, damit die Knorpelschichten dicker und belastbarer werden. Genauso müssen die Wachstumsfugen belastet werden, damit sie sich nicht vorzeitig schliessen und das normale Wachstum in der Folge beeinträchtigt wird. Und vor allem muss Muskulatur aufgebaut werden, damit diese den Bewegungsapparat stabilisieren und die nötige Leistung erbringen kann.

Bewegung ist nötig für die Hirnentwicklung

Körperliche Aktivität fördert die Gehirndurchblutung, unterstützt die Neubildung und Vernetzung von Nervenzellen und stimuliert den Hirnstoffwechsel. Bewegung ist für die Steuerung der Emotionen sowie für die Gedächtnis- und Lernleistungen beim Welpen und Junghund
äusserst wichtig. Die verschiedenen Hirnareale für Wahrnehmung, Raumerfahrung, Körperbewusstsein, Koordinationsvermögen und Gleichgewichtssinn werden angeregt und weiter entwickelt. Komplexe Bewegungsabläufe werden nur durch wiederholtes Üben erlernt.

Spielen fördert viele Kompetenzen

Ausgelassenes Spiel – und Spielen bedeutet immer, dass es allen Beteiligten Spass macht– ist besonders wertvoll für die Entwicklung. Der spielerische Kontrollverlust beim Toben und Balgen fördert die Fähigkeit, auf plötzliche Ereignisse zu reagieren. Diese im Spiel erworbenen
Fähigkeiten machen den Hund anpassungsfähiger für Situationen, die im späteren Leben unerwartet auftreten können. Ausserdem werden Sozialkompetenz, Impuls- und Emotionskontrolle sowie Frusttoleranz und Risikokompetenz erlernt bzw. gefördert. Beim Spielen lernt der junge Hund das Einhalten von Regeln und die Bedeutung von Fairness,erschrickt aber auch mal während des Spiels oder wird frustriert und lernt, mit diesen Emotionen umzugehen. Hunde, die häufig mit Artgenossen herumtoben dürfen, sind in der Regel weniger aggressiv und ausgeglichener im Umgang mit anderen Hunden. Wenn es allen Beteiligten Spass macht, darf es also gerne auch „wild“ zugehen.

Freies Entdecken der Welt zusammen mit seinem Menschen

Das Bewegungsbedürfnis nicht einzuschränken, bedeutet auch, dass der Welpe draussen viel und oft ohne Leine läuft, was aufgrund des angeborenen Nachfolgetriebs des Welpen in der Regel problemlos möglich ist. Dieser Trieb zeigt der Welpe bis zu einem Alter von etwa
vier Monaten und diese Phase sollte genutzt werden, um bereits spielerisch den Rückruf zu üben. Denn angebunden sein ist einschränkend und löst oft Frustration beim jungen Hund aus. Ausserdem kann der Hund an der Leine nur im Schritt gehen oder traben und diese
Gangarten stimulieren die Entwicklung des Bewegungsapparats nicht genügend. Leinenführigkeit lernt der Hund auch später im Leben - daher sollte die Welpenzeit besser für den Aufbau einer sicheren Bindung und von gegenseitigem Vertrauen genutzt werden. Wichtig ist, dass sich der Welpe nach körperlichen und mentalen Aktivitäten erholen kann und ein bis zwei Stunden schläft. Vor allem in der Nacht sollte der Welpe ungestört und in Geborgenheit schlafen können.

Gross werden braucht Muskelkraft

Vor allem bei grossrassigen oder schweren Welpen ist der Muskelaufbau besonders wichtig, weil sie beim Wachstum sehr schnell an Körpergewicht zulegen, beziehungsweise schon früh viel Gewicht bewegen müssen. Gut ausgebildete Muskulatur ist nötig, damit der Welpe möglichst schnell kräftig genug ist, um den Bewegungsapparat in den verschiedenen Gangarten zu stabilisieren. Bei bewegungsfreudigen Welpen findet dies durch deren selbstgewählte Aktivitäten in der Regel ohne weiteres Zutun statt, bei trägeren Welpen kann es aber eine
Herausforderung sein, die richtige Motivation zu finden, damit sie sich genügend bewegen.

Empfehlung

Im Wachstum müssen die knöchernen Strukturen belastet und Muskulatur aufgebaut werden. Ein Welpe sollte sich daher selbstbestimmt und möglichst frei bewegen können, bis er müde ist und viel Gelegenheit haben, mit Artgenossen zu spielen. Wie weit und wie lange man mit
dem Welpen spazieren geht, und wann er eine Pause braucht, hängt vom Welpen ab und wird von ihm bestimmt. Überbehütung und dauerndes Führen an der Leine behindern eine normale körperliche und mentale Entwicklung und führen zusätzlich zu Frustration, was die
Beziehung zu seinem Menschen beeinträchtigt.

Dr. Marianne Furler, Verhaltenstierärztin STVV, Tierphysiotherapeutin SVTPT, 2024

Literatur

„Handout Koch & Fischer: „Vorstellung Projekt Gangwerkentwicklung vom Welpen bis zum ausgewachsenen
Hund“, Regensdorf Mai 2023
„Hunde in Bewegung“, Martin S. Fischer und Karin E. Lilje, 2011
„How Play Makes for a More Adaptable Brain“, Sergio M. Pellis, Vivien C. Pellis, Brett T. Himmler, 2014
„Moderate running exercise augments glycosaminoglycans and thickness of articular cartilage in the knee joint
of young beagle dogs“ Kiviranta I, Tammi M, Jurvelin J, et al, 1988
„Auswirkungen von Sport und Bewegung auf die Entwicklung von Kindergartenkindern“
Andreas Frey, Christoph Mengelkamp, 2007
„Bewegung formt das Hirn - Lernrelevante Erkenntnisse der Gehirnforschung“, Laura Walk, 2011
Download unter: www.stvv.ch - Informationsblätter